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Barrierefrei in den Bergen mit Paralympics-Siegerin Gerda Pamler

Die alpenvereinaktiv.com-Touren sind wichtiges Herzstück des Portals. Doch wer steckt eigentlich hinter den Touren? Was treibt unsere Autor*innen an, wie planen sie ihre Touren und was war ihr allerschönster Bergmoment? In einer kleinen Reihe stellen wir euch ein paar unserer Top-Autor*innen vor.

Bergsport mit Rollstuhl? Dass das super funktioniert, beweist Gerda Pamler. Die Münchnerin sitzt seit einem Skiunfall 1986 im Rollstuhl. Das hält sie aber nicht davon ab, so oft es nur geht mit ihrem Handbike, dem Kajak oder dem Langlaufschlitten draußen in der Natur unterwegs zu sein. Auf alpenvereinaktiv veröffentlicht sie regelmäßig ihre Touren, die alle notwendigen Infos zur Barrierefreiheit enthalten.

Mit dem Handbike ist Gerda besonders viel in den Bergen unterwegs; Foto: Gerda Pamler

 

Über Leistungssport und Landschaftsgenießen

Gerda ist eine Landschaftsgenießerin und verbringt gerne so viel Zeit wie nur möglich in der Natur. Und dort nimmt sie alles an sportlichen Aktivitäten mit: „Nachdem ich im Rollstuhl sitze, könnte man meinen, dass nicht so viel geht, aber es geht doch sehr viel“, erzählt Gerda. Und es geht tatsächlich enorm viel. Die Handbike-Touren, die sie auf alpenvereinaktiv veröffentlicht, sind auch für Fahrradfahrende anspruchsvoll. Für Gerda bedeuten die Berge Kraft. Sie strahlen eine Ruhe, aber auch Macht aus: Die gewaltigen Berge, die einfach dastehen und auf die sie einen Weg heraufsucht, faszinieren sie sehr. „Über die Berggipfel zu schauen ist schon etwas ganz Besonderes“, schwärmt sie.

In Bewegung ist Gerda immer. Früher sogar auf Leistungssportebene. Ein Jahr nach ihrem Skiunfall begann sie mit dem Monoskifahren und belegte drei Anfängerkurse. Ein Trainer entdeckte ihr großes Talent – und Gerda wurde mehrfache Paralympics-Siegerin und Weltmeisterin. „Die Arbeit hat sich dann gelohnt“, sagt sie. Denn die Paralympics zu gewinnen, aber auch wieder gemeinsam mit den Freudinnen und Freunden Ski zu fahren, sind natürlich unglaubliche Gefühle. Motiviert zum Sport ist Gerda grundsätzlich immer. Zumindest wenn das Wetter schön ist. Bei schlechtem Wetter ist es mit dem Rollstuhl schon schwierig. Wenn es aber gut ist, dann raus in die Natur und genießen!

Die Natur ist für Gerda nicht nur Ort für sportliche Aktivitäten, sondern auch Inspirationsquelle für ihre Kunst. Vor Kurzem hat sie am Isarradweg zum Beispiel die toten Bäume als Ideenquelle gefunden: Baumrinden mit Wurmspuren und kleinen Pilzen. Die Schönheit der Natur wird in der Kunst festgehalten. Das Malen ist ein Ausgleich für sie. Hier kann sie komplett runtergekommen und sich nur auf ihr Bild konzentrieren. „Immer, wenn etwas ist, wo ich in meiner Bewegung ausgebremst werde, komme ich auf das Malen zurück“, erzählt sie. So verbrachte sie sowohl nach dem Skiunfall als auch nach einer schwereren Schulterverletzung vor Kurzem viel Zeit beim Malen. Heute kann sie schon ganze Räume mit ihren Bildern füllen und die nächste Vernissage im Herbst steht auch schon an.

Auch Touren mit dem Langlaufschlitten lädt Gerda auf alpenvereinaktiv hoch; Foto: Gerda Pamler

 

Mit dem Rollstuhl in die Berge – das geht!

Den Morgen verbringt sie meist mit ihren Landkarten am Frühstückstisch und überlegt sich neue Touren. Das dauert, denn eine barrierefreie Tour zu finden, ist wirklich nicht so einfach. Viele Informationen, die Gerda für ihre Tourenplanung braucht, gibt es so gar nicht. Beispielsweise fehlen oft die Steigungen, Wegbreite oder -beschaffenheit in den Tourenangaben. Dasselbe gilt für Angaben zu sanitären Anlagen. „Das kann sich einer, der nicht im Rollstuhl sitzt, vielleicht gar nicht vorstellen, aber wir müssen ja immer nach Toiletten suchen, wo man reinkommt“, erzählt Gerda. Das zählt auch für Einkehrmöglichkeiten. Zwei Stufen und Gerda kommt schon nicht mehr auf die Hütte oder in das Gasthaus. Beim Langlaufen kann die Situation je nach Tag anders sein. Manchmal ist zum Beispiel der Zugang zur Loipe durch Schneehügel versperrt und das kommt gar nicht mal so selten vor. In der Eng hat der Loipenfahrer sich auf einer Brücke zum Beispiel schon Schneehaufen vorbereitet, um sie danach auf dem Weg zu verteilen. Diese Schneehügel waren aber so groß, dass Gerda gar keine Chance hatte, über diese Hügel rüberzukommen. Kleinigkeiten, die so oftmals nicht mitgedacht werden, meistens aber ganz gut vermeidbar sind. Da es so kompliziert ist, eine barrierefreie Tour zu planen, teilt Gerda ihre Touren auf alpenvereinaktiv. Andere brauchen sich dann nicht denselben großen Aufwand machen, wie sie es macht. Im Voraus muss man dann mit Gerdas Tour hauptsächlich noch checken, ob das eigene Handbike für die Tour geeignet ist. Je nachdem wie steil der Weg ist und wie er beschaffen ist, braucht es nämlich unterschiedliche Modelle. Natürlich muss wie bei jeder Tour noch die eigene Fitness mit den Ansprüchen der Tour verglichen werden. Ansonsten liefert Gerda aber die meisten Informationen zur Einkehr oder barrierefreien Toiletten.

Für die Tourenplanung studiert Gerda im Vorfeld verschiedene Karten und Radbücher. An die meisten Infos kommt sie aber nur durch Ausprobieren. Manchmal geht’s aber dann auch nicht und sie muss eine Tour abbrechen, kann gar nicht antreten oder steht vor ihr verschlossenen Türen. Das kann schon auch ziemlich frustrierend sein. Wenn sie mit dem Kajak oder dem Langlaufschlitten unterwegs ist, bleibt der Rollstuhl übrigens einfach an der Böschung stehen. Mittlerweile mit einem Schild „Bitte stehen bleiben, ich komme wieder“ – aus naheliegenden Gründen.

Die Nachbearbeitung einer solchen Tour dauert dann auch nochmal ziemlich lange. Einen halben Tag sitzt sie schon dran, meint sie. Es dauert ja auch bis die Bilder hochgeladen, die Touren ganz richtig eingegeben wurden, die Beschreibungen geschrieben sind. Mehrtagestouren brauchen meistens noch ein bisschen länger.

 

Foto: Gerda Pamler

 

Kleine Veränderungen mit großen Auswirkungen

Oft sind es wirklich kleine Dinge, die getan werden können, um Rollstuhlfahrer*innen beim Bergsport zu helfen. Die Alpenvereine könnten bei ihren Hütteninfos zum Beispiel einfach mitangeben, wie viele Treppen auf die Hütte führen, wie die Wege dorthin sind oder ob die sanitären Einrichtungen barrierefrei sind. Auch Bilder sind hilfreich für eine gute Tourenplanung.

Auch von politischer Seite könnte noch einiges passieren. Mit der öffentlichen Anreise hat Gerda bisher beispielsweise schon mehrere schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn sie mit dem Zug fahren will, muss sie das 24 Stunden vorher anmelden, weil die Züge nicht barrierefrei sind. Die Bahn tatsächlich barrierefrei zu gestalten, ist allerdings vermutlich ziemlich schwierig, da weder die Bahnen noch die Bahnsteige genormt sind.

Aktuell plant Gerda für den Sommer den Alpe-Adria-Radweg. Bei Mehrtagestouren stößt sie zusätzlich noch auf die Problematik der Unterkünfte. Hier muss sie oft stundenlang im Internet recherchieren, Anfragen schreiben oder die Unterkünfte anrufen und nachfragen. Die Länge der einzelnen Etappen ist so nicht wirklich frei wählbar, sondern muss der Verfügbarkeit der Unterkünfte angepasst werden. Die Planung für die Alpe-Adria-Tour hat Gerda schon im vergangenen Jahr begonnen. Jetzt ist es konkreter gewonnen. Zwei Wochen sitzt sie für die Planung dann aber schon mindestens mal dran, sucht und recherchiert. Die Überraschung hat man dann aber vor Ort erst, denn komplett durchplanen kann man eben doch nicht alles. „Jetzt müsste es aber funktionieren“, freut sich Gerda.

Manchmal können Touren alleine auf neuem Gelände schon auch beängstigend sein. An steilen Hängen kann es schließlich schon auch schnell gefährlich werden mit Rollstuhl. Wenn sie in den Bergen unterwegs ist und dann doch mal mit irgendetwas Hilfe braucht, gibt es aber auch meistens irgendwelche Personen, die ihr im Zweifel helfen. Egal ob mit dem Handbike, dem Kajak oder den Langlaufski. Meistens nimmt Gerda die Hilfe auch gerne an. „Man darf gerne fragen und wenn ich dann ja sage, darf man mir gerne helfen und wenn ich nein sage, mach ich’s gern alleine“, erzählt sie. Eine Hilfe kommt aber schon oft.

Foto: Gerda Pamler

 

Magische Momente an Machu Picchu und Rotwandhaus

Einfach machen. Das ist Gerdas Devise. Schließlich lebt man nur einmal, da sollte man es wenigstens mal versuchen.
Einen ihrer schönsten Momente erlebte sie im letzten Jahr auf dem Rotwandhaus. Gemeinsam mit Freunden ist sie dort hoch gewandert. Oben angekommen konnte sie den unglaublichen Rundumblick genießen – und eine Brotzeitplatte. Und auch, obwohl eine freche Bergdohle die Hälfte des Belohnungsbrotes zum geeigneten Zeitpunkt stahl, bleibt der Moment einer ihrer allerschönsten Bergerlebnisse.

Ein weiteres ganz besonderes Erlebnis war eine Tour auf den Machu Picchu in Peru. „Zuerst dachte ich, ja Machu Picchu, da werde ich wohl das Postkartenmotiv abfotografieren müssen“, meint sie. „Aber die haben mich da hochgezerrt.“ Das war Gerda zwar schon etwas unangenehm, aber den mystischen Blick auf dem Machu Picchu zu genießen, war ein unglaubliches Erlebnis.

„Nicht daheim rumsitzen, sondern einfach machen“, empfiehlt Gerda allen. Die schönen Bergmomente kommen so von ganz alleine.

Foto: Gerda Pamler

 

 

 

3 schnelle Fragen an Gerda Pamler

Was sind deine Top 3 Lieblingstouren?

Das ist schwierig. Ich mag alles mit gutem Bergblick. Seeumrundungen sind auch besonders schön.

Umrundung des Ammersees

 

Umrundung des Starnberger Sees

 

Tuntenhausen

 

Bist du lieber alleine oder in Gesellschaft unterwegs?

Ich bin viel alleine unterwegs. Bis ich mit meinen Bekannten einen Termin abgestimmt habe, dauert es ewig. Dann mach ich’s gleich selber. Dann kann ich auch so schnell fahren, wie ich will und muss auf niemanden warten oder niemand muss auf mich warten.

 

Welche ist deine liebste Alpenregion?

Eigentlich die Münchner Hausberge, weil ich sie gut erreichen kann. Im Kaunertal habe Ich das Skifahren gelernt. Da hängt mein Herz schon auch ein bisschen dran.

 

 

 

Weitere Informationen zu barrierefreien Touren gibt es hier in der Tourenliste: